Reisebericht > Skandinavien 2022

Acht lange Jahre hat es gedauert, seit wir zuletzt mit dem Wohnmobil in Skandinavien unterwegs waren, aber diesen Sommer war es endlich wieder soweit. Nach der „Eingewöhnungstour“ nach Korsika im April brachen wir mit unserem neuen Pössl Anfang Juni zu unserem ersten längeren, d.h. dreiwöchigen Urlaub in Richtung Norwegen auf. Nachdem wir vor acht Jahren bis in den hohen Norden auf die Lofoten gefahren waren und im südlichen Norwegen nicht ganz so viel Zeit verbracht hatten, wollten wir uns diesmal eher dem Süden widmen und planten hier ganze zwei Wochen ein. Anschließend sollte es dann noch eine knappe Woche nach Schweden gehen, hauptsächlich, um noch eine Runde über den Wildmarksvägen zu fahren, für den wir bei unserer ersten Tour keine Zeit gehabt hatten.
Nachdem wir schnurstracks Deutschland und Dänemark durchquert und mit der Fähre nach Kristiansand übergesetzt hatten, ging es erstmal an der Küste entlang nach Stavanger, mit einem kleinen Abstecher an die Südspitze Norwegens am Kap Lindesnes. Nach einem kleinen Stadtrundgang durch die tolle historische Altstadt von Stavanger ging es weiter zum berühmt-berüchtigten Preikestolen. Um uns nicht mit den Horden von Touristen herumschlagen zu müssen, die diesen spektakulären Ort inzwischen überrennen, legten wir unseren Besuch auf den Abend und brachen erst um 18 Uhr zur Wanderung auf. Und siehe da, man kann auch heutzutage noch nahezu alleine oder zumindest mit nur wenigen anderen Leuten die Aussicht und den Nervenkitzel auf dem Preikestolen genießen! Und großartigerweise öffnete sich oben ein freier Blick über den Lysefjord und kurz vor Sonnenuntergang kam auch die Sonne nochmal raus, nachdem wir auf der Wanderung teilweise durch Wolken und Nebel gegangen waren. Fantastisch!
Weiter ging es über den Ryfylke-Turistveg nach Odda, wo wir die „Wanderung“ (oder besser den Klettersteig...) zum Buarbreen in Angriff nahmen. Ziemlich steil geht es hinauf, mit vielen Brückchen über tosende Bäche und unzähligen Passagen, bei denen man sich an Seilen den Berg hochziehen muss, bis man oben am Aussichtspunkt auf den Gletscher angekommen ist, der sich zwar auch schon sehr weit zurückgezogen hat, aber immer noch sehr beeindruckend ist. Nächste Station war Kinsarvik und das Husedalen mit seinen gigantischen Wasserfällen, bevor es dann am Vøringfossen vorbei hinauf auf die Hardangervidda ging. Hier fanden wir für die nächste Nacht einen der schönsten Stellplätze dieser Tour, mit Panoramablick über die raue Landschaft und einen wilden Fluss, inklusive Regenbogen kurz vor Sonnenuntergang.
Nächstes großes Highlight war das Aurlandsdalen. Eine großartige und abwechslungsreiche Wanderung führt zwischen Østerbø und Vassbygdi durch dieses wunderschöne Tal, immer am Fluss entlang, vorbei an Wasserfällen, Seen und alten Farmen. Man kann sich mit einem Busshuttle von einem Ende zum anderen fahren lassen und dann die 19km durch das Tal zurückwandern, wobei wir uns für die Strecke bergauf von Vassbygdi nach Østerbø entschieden, um unsere Knie zu schonen und die über 1000 Höhenmeter nicht abwärts gehen zu müssen. Und nachdem es anfangs noch etwas grau und bewölkt war, kam im Laufe des Tages immer mehr die Sonne durch, und bis auf ein paar kurze Schauer blieben wir auch trocken, so dass wir die Landschaft auf dieser fantastischen Wanderung richtig genießen konnten :-)
Am wärmsten und sonnigsten Tag der Tour durch Norwegen - über 20 Grad! – fuhren wir dann über den Aurlandsvegen durch teils noch meterhohe Schneefelder und weiter über den Kongsvegen nach Borgund. Hier besuchten wir die faszinierende Stabkirche und den Vindhellavegen, einen Teil der alten Straße zwischen Oslo und Bergen, der sich in steilen Serpentinen den Berg hinaufwindet. Da das Wetter in Küsten- und Fjordnähe in den nächsten Tagen umschlagen und regnerisch werden sollte, hatten wir uns für einen Umweg durchs Inland und ins Hochgebirge entschieden, wo wir dann bei kühlen 10 Grad und Sturm, aber immerhin ohne Regen, in Beitostølen meinen Geburtstag verbrachten und ein paar kleinere Wanderungen in der rauen Bergwelt der Valdresflye machten.
Das nächste besondere Highlight folgte mit der Wanderung über die Knutshøe. Die Wanderung ist aufgrund zweier kurzer Kletterstellen und ihrer Länge nicht ganz ohne, aber hat man es einmal auf den langgezogenen Bergrücken geschafft, kann man unglaubliche Aussichten in alle Richtungen genießen und auf der einen Seite den türkisblau mäandernden Fluss im Leirungsdalen und auf der anderen Seite den tiefblauen Gjendesee und dahinter den Besseggengrat bewundern. Vor allem bei dem sensationellen Wetter war die Wanderung über die Knutshøe und zurück durchs Leirungsdalen ein Genuss! In der Nähe fanden wir dann auch den schönsten Campingplatz des Urlaubs, das Steinholet Fjellcamp, einen ruhigen versteckten Campingplatz im Wald am Fluss mit wunderschönen Ausblicken über die umliegende Bergwelt und weit verstreuten großen Stellplätzen, ähnlich den National Forest Campgrounds in den USA. Und selbst hier hatten wir ein gutes Handynetz und konnten problemlos den Platz online buchen, ohne Bargeld zu benötigen. Da macht Norwegen mal wieder vor, wie einfach so etwas gehen kann!
Nachdem das Wetter jetzt wieder besser wurde, ging es als nächstes zurück Richtung Küste, mit einer Fahrt über den Gamle Strynefjellsvegen, wieder eine tolle Strecke durch das noch verschneite Hochland, über Geiranger (wo wir froh waren, einfach schnell weiterfahren zu können, da wir hier bereits beim letzten Mal viel Zeit verbracht hatten, denn diesmal war der Ort total überlaufen, da gerade ein Kreuzfahrtschiff angelegt hatte…) bis an die Küste nach Molde. Hier hatten wir uns auf den Atlanterhavsvegen gefreut, einen weiteren berühmten Turistveg, der über viele kleine Inseln und Brücken führt und recht spektakulär sein sollte – aber wir waren davon ziemlich enttäuscht und fanden die Strecke alles andere als spektakulär, denn viel mehr als eine architektonisch interessante Brücke konnten wir nicht entdecken und kaum hatten wir die Fahrt über den Atlanterhavsvegen begonnen, war sie auch schon wieder vorbei, so kurz ist die Strecke. Hier ärgerten wir uns tatsächlich ein bisschen über den langen Umweg an die Küste. Über Trondheim ging es dann weiter ins Landesinnere zur schwedischen Grenze, und schon waren die zwei Wochen Norwegen auch schon wieder rum...
Das Wetter in Schweden war dann schon eher sommerlich heiß und schwül, und dementsprechend viele Mücken fielen über uns her, sobald wir uns draußen aufhielten. Die ersten zwei Stationen in Schweden waren der Tännforsen (Schwedens größter Wasserfall, der aber im Vergleich zu den vielen gigantischen Wasserfällen in Norwegen nicht besonders aufregend war) und der Ristafallet, ein weiterer schöner Wasserfall an der Strecke. Hauptziel in Schweden war aber der Wildmarksvägen, eine 500km lange Rundstrecke durch die „Wildnis“ im Westen Schwedens. So wild ist diese Wildnis allerdings nicht mehr, zwar relativ einsam und wunderschön, aber durchaus gut erschlossen, und die Straße ist mittlerweile auch durchgängig asphaltiert. Hier fanden wir wieder einen großartigen Stellplatz in Gubbhögen direkt am See. In den nächsten zwei Tagen schauten wir uns dann unzählige tolle Wasserfälle entlang des Wildmarksvägen an und besuchten das hochinteressante samische Dorf Fatmomakke, waren aber ansonsten entwas enttäuscht von den mangelnden Wandermöglichkeiten. Auf dem Stekenjokkplateau, dem höchsten Punkt der Straße, war ein großes Gebiet wegen brütender Vögel gesperrt, aber auch die zwei geöffneten "Wanderwege" waren entweder wegen eines reissenden Flusses nicht passierbar oder führten auf kaum sichtbarem Trampelpfad durch die sumpfige Tundra, was sehr mühsam war und überhaupt keinen Spaß machte, und auch die Wanderung auf den Mesklumpen konnten wir wegen eines Gewitters ebenfalls nicht antreten. So mussten wir uns den Wildmarksvägen bis auf die Wasserfälle hauptsächlich aus dem Auto anschauen und waren dementsprechend schneller fertig als geplant.
Das eröffente uns dann aber wiederum die Möglichkeit, noch ein paar Umwege auf dem Weg zurück nach Süden zu machen. Zum einen unternahmen wir noch eine Fahrt über die Flatruet, die höchste Straße Schwedens, und das Idrefjäll, wo wir endlich ein paar größere Rentierherden zu sehen bekamen, und zum anderen einen Abstecher zum Fulufjället Nationalpark. Dort konnten wir dann endlich mal wieder eine wirklich tolle Wanderung unternehmen. Der Weg zum Nupeskjär-Wasserfall und weiter hinauf auf das Fulufjället, von wo aus man den Blick über die endlosen Wälder und Seen Westschwedens schweifen lassen und auf einem Rundweg durch die Tundralandschaft der Hochebene mit ihren vielen kleinen Seen wandern konnte, waren wirklich wunderschön. Ein toller Abschluss unserer Fahrt durch Schweden, bevor wir dann die restlichen zwei Tage wieder auf der Straße verbrachten, da wir leider wieder zügig in Richtung Heimat fahren mussten.
Alles in allem wieder ein fantastischer Urlaub mit viel Glück beim Wetter - viel Sonne und wenig Regen - und obwohl viel los war (besonders die deutschen Wohnmobile waren massenhaft unterwegs), fanden wir immer spontan einen Campingplatz oder auch einen freien Stellplatz. Norwegen hat uns mit seinen spektakulären abwechslungsreichen Landschaften wieder auf ganzer Linie überzeugt, während wir Schweden zwar schön fanden, aber mehr als eine Woche brauchten wir dort wirklich nicht, da die Landschaft irgendwann halt doch sehr eintönig wird - endlose Wälder, Flüsse und Seen ohne große Abwechslung und vor allem im Vergleich zu Norwegen ein ziemlich schlechtes Wanderwegenetz. Genug Material für die nächste Skandinavien-Reise haben wir schon wieder auf unserer Wunschliste, aber beim nächsten Mal werden wir dann wahrscheinlich nur nach Norwegen fahren und Schweden weglassen. Begeistert waren wir davon, wie unkompliziert und fortschrittlich alles mit Karte und Handy bezahlt werden konnte - außer an einem Wanderparkplatz benötigten wir die ganzen drei Wochen kein Bargeld, und ein durchgängig hervorragendes Mobilfunknetz selbst mitten in der Wildnis machte Navigation, Bezahlung etc. extrem einfach. Was die Preise angeht, war natürlich das Benzin bzw. Diesel der größte Posten auf der Abrechnung, da das nochmal viel teurer ist als bei uns, aber ansonsten waren die Preise gar nicht so schlimm wie erwartet. Gerade die Campingplätze waren recht günstig, meist sogar günstiger als z.B. in Italien. Und so lagen wir am Ende preislich etwa gleichauf mit unserer Norwegenreise vor acht Jahren. Und vor allem sind wir begeistert von unserem neuen Wohnmobil, das unsere Reisen dank eigenem Bad und WC und viel Stauraum jetzt viel komfortabler macht!